flatexDEGIRO Aktie Analyse

XETR: FTK // Analyse vom 24.07.2022

Von Jan Fuhrmann und Christian Lämmle

flatexDEGIRO AG | WKN: FTG111 | ISIN: DE000FTG1111 | Ticker: FTK (Xetra)

Die letzten zwei Börsenjahre waren sehr ereignisreich und haben stets neue Maßstäbe für Masse und Geschwindigkeit von Kursbewegungen von Aktien gesetzt. Das Jahr 2020 startete mit einem der schnellsten Crashs der Finanzmarktgeschichte, nur um danach mit einem massiven Bullrun Millionen von neuen Börsianern anzulocken. Ein Jahr später dann die Spitze des Retail-Trading-Wahnsinns: Privathändler schicken die Aktien Gamestop und AMC über Aufrufe im Internet ins Kurs-Weltall. Dabei bringen sie professionelle Hedgefonds in Zahlungsschwierigkeiten und zwingen diese, ihre Leerverkäufe zu liquidieren.

Sommer 2022 bis jetzt dann der Knall: Die Märkte korrigieren großflächig seit Monaten sehr tief. Viele Privatanleger kehren den Märkten enttäuscht für immer den Rücken zu. Einer der Akteure in dieser Geschichte ist flatexDEGIRO, der nach Anzahl der Transaktionen derzeit größte Retail-Online-Broker in Europa. In dieser Analyse haben wir uns die Frage gestellt, ob flatexDEGIRO nach einer Korrektur von mehr als 70 % nun einen Kauf wert ist oder die vermeintliche Kursblase zurecht geplatzt ist.

Der Podcast zu unserer Aktienanalyse 

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KapitelTimestamp
Einleitung, Historie, Aktionärsstruktur, Werte und Nachhaltigkeit 00:00:00
Geschäftsmodell, Burggraben und Geschäftsführung00:16:34
Fundamentale Kennzahlen00:39:31
Branche & Konkurrenz00:51:29
Chancen, Risiken, Bewertung, Technische Analyse01:09:13

Inhaltsverzeichnis

Kurzportrait

Auch wenn die meisten auf die klassischen Neobroker wie TradeRepublic oder Scalable Capital zurückgreifen, gibt es mit flatexDEGIRO einen weiteren europaweiten Anbieter, der bereits über eine enorm große Kundenbasis verfügt und sich gleichzeitig Marktführer nennen darf. Zu dem Unternehmen zählen neben den Brokern Flatex und DEGIRO auch der Anbieter ViTrade sowie die hauseigene Bank.

Interessant ist darüber hinaus einer der Mitbegründer, welcher auch heute noch der größte Einzelaktionär ist: Bernd Förtsch. Dieser ist aus der Börsenwelt kaum noch wegzudenken, denn sein Unternehmen ist u. a. auch für das beliebte Magazin „Der Aktionär” verantwortlich.

Aus der charttechnischen Perspektive hat die Aktie nun das erste Mal seit Beginn der Korrektur eine wirklich relevante Unterstützungszone erreicht, welche auch das Potenzial für eine nachhaltige Stabilisierung bringt.

Die Aktienanalyse bezieht sich auf den Kenntnisstand unserer Recherche vom 23.07.2022. 

WKN/ ISINFTG111/DE000FTG1111
BrancheFinanzwesen
Peter Lynch EinordnungFast Grower
Fundamentales WLA-Rating?/10
Technisches WLA-Rating?/10
Porters Burggraben-Rating?/25
Marktkapitalisierung1,07 Mrd. EUR
Dividendenrendite0,00 %
KGV20,98
FirmensitzFrankfurt am Main (Deutschland)
Gründungsjahr1999
Mitarbeiter>1.100
WKN/ ISINFTG111/DE000FTG1111
BrancheFinanzwesen
Peter Lynch EinordnungFast Grower
Fundamentales WLA-Rating8/10
Technisches WLA-Rating7/10
Porters Burggraben-Rating15/25
Marktkapitalisierung1,07 Mrd. EUR
Dividendenrendite0,00 %
KGV20,98
FirmensitzFrankfurt am Main (Deutschland)
Gründungsjahr1999
Mitarbeiter>1.100

1. Das Unternehmen flatexDEGIRO

Historie

Gründung

Die heutige flatexDEGIRO AG ist im Laufe der Zeit durch mehrere Akquisitionen und Umstrukturierungen entstanden. Der Ursprung liegt dabei in dem 1999 gegründeten Unternehmen PRE.IPO, wobei Bernd Förtsch ein prominenter Mitbegründer aus der Branche war. Dieser gründete zehn Jahre zuvor die Börsenmedien AG, welche v. a. für die Zeitschrift „Der Aktionär” bekannt ist.

Das erste Brokerangebot des Unternehmens wurde 2006 mit Flatex gestartet, womit man einen neuen Ansatz wagen wollte. Flatex ist eine Wortzusammensetzung aus „flat” und „execution” und dies zeichnete das neue Brokerangebot auch aus: Eine Orderausführung zu pauschalen Konditionen. Inzwischen hieß das gesamte Unternehmen auch nicht mehr PRE.IPO, sondern Flatex. Zwischenzeitlich, von 2014 bis 2019, lautete der Konzernname dann FinTech Group, aber wurde schließlich wieder zurück zu Flatex geändert.

Zwei wegweisende Akquisitionen

XCOM

XCOM ist bereits älter als Flatex bzw. PRE.IPO selbst und erarbeitete sich seit der Gründung im Jahr 1988 einen guten Ruf in der Finanzbranche. XCOM war als Software- und Systemhaus im Finanzwesen tätig und der Broker Flatex arbeitete seit Tag 1 mit dem Anbieter (bzw. der damit zusammenhängenden Bank) zusammen. Von der Übernahme, die 2015 durchgeführt wurde, versprach sich das Unternehmen signifikante Synergiepotenziale. Durch diese Akquisition entstand später auch die heutige flatexDEGIRO Bank.

DEGIRO

Die zweite wichtige Akquisition in der Unternehmenshistorie war der Kauf vom Online-Broker DEGIRO aus den Niederlanden. Diese fand Ende des Jahres 2019 statt und wurde bis Mitte 2020 abgeschlossen – also genau in der Zeit, in der die gesamte Branche boomte. Infolge der Übernahme änderte sich auch der Unternehmensname erneut und seit Oktober 2020 tritt der Konzern als flatexDEGIRO auf.

Mit der Übernahme positionierte man sich in weiteren europäischen Ländern, denn der Broker hatte bereits die Expansion ins Ausland gewagt. Gegründet wurde DEGIRO zwei Jahre nach dem Launch des Flatex-Brokers, also 2008.

Vision, Mission und Verantwortung

Vision

FlatexDEGIRO wird nicht müde zu betonen, dass die Kunden immer an erster Stelle stehen. Dies zieht sich durch alle Bereiche (Nachhaltigkeit, Sicherheit, Angebot, Service usw.) des Unternehmens und ist grundsätzlich nicht überraschend, denn gerade in der Finanzbranche ist das Vertrauen der Kunden das A und O.

Die übergeordnete Vision ist seit der Übernahme des Konkurrenten DEGIRO „Europas Online-Brokerage-Champion” zu werden. 2026 möchte man 7-8 Mio. Kunden haben und jährlich 250-350 Mio. Transaktionen abwickeln. Diese Zahlen werden später im Rahmen der Branchenanalyse noch greifbarer. flatexDEGIRO soll somit laut eigener Aussage zu einem „unabhängigen, europäischen Finanzsupermarkt” werden.

All dies kann nur mit dem genannten Kundenfokus erreicht werden und in diesem Zusammenhang setzt flatexDEGIRO auf Vertrauen, Einfachheit und Innovationen, um das eigene Angebot und die Technologie dahinter zu verbessern.

Mission

Die Mission von flatexDEGIRO beschreibt genauer, welchen Vorteil man den eigenen Kunden verschafft, aber auch den Ansatz, den man auf dem Weg zum Unternehmenserfolg geht/gehen möchte.

Dies ist zum einen der Aspekt der Unabhängigkeit, denn als Broker möchte man in Bezug auf das angebotene Produktportfolio unabhängig sein. Dies wird nicht weiter ausgeführt, aber es liegt nahe, dass man sich damit bspw. nicht nur auf einen Emittenten von ETFs beschränkt, sondern den eigenen Kunden eine breite Auswahl bietet. Die Kunden sind in ihrer Auswahl somit unabhängig und auch flatexDEGIRO ist beim Angebot nicht von einem Anbieter abhängig.

Der zweite Aspekt beschreibt das Wachstum – einerseits von den Kunden, die erfolgreich am Finanzmarkt sein sollen und andererseits von flatexDEGIRO selbst. Man verfolgt das Ziel die Nummer 1 auf dem Broker-Markt zu bleiben und dies geht wiederum nur mit dem erwähnten Kundenfokus. Nur, wenn diesen das bestmögliche Produkt geboten wird, um selbst erfolgreich zu sein, kann auch der Broker-Anbieter selbst erfolgreich sein – so der Ansatz des Konzerns.

Sicherheit und Daten

Gerade wenn es um unser eigenes Geld geht, dann sollten die Abläufe sehr sicher sein und bei den Daten bedarf es einen besonderen Schutz. Wenn jemand Scheu vor günstigen Neobrokern hat, dann ist dies nach meiner Erfahrung (Jan, ich betreibe u. a. die Instagram-Seite @die.aktionaere) meistens aufgrund von Sicherheitsbedenken. Dies zeigt, wie wichtig Vertrauen, aber auch die gesamte Thematik „Sicherheit und Daten” in der Finanzbranche ist. flatexDEGIRO führt diesen Bereich ausführlich aus und listet ihn darüber hinaus noch einmal zusätzlich im Zusammenhang der eigenen Verantwortung.

flatexDEGIRO sieht sich in diesem Bezug als Pionier, denn man hat (bzw. genauer gesagt das übernommene Unternehmen XCOM) bei der Festlegung der heutigen Standards für das deutsche Online-Banking-Protokoll noch vor der Jahrtausendwende stark mitgewirkt. Auch bei diversen Folgetechnologien war das Unternehmen in der Entwicklung direkt beteiligt.

Die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung sind außerdem v. a. für die Weiterentwicklung der eigenen Systeme und Abwicklungstechnologien gedacht. Die Plattformen sollen dabei sehr stabil laufen und Ausfälle sollen ebenso wie jegliche Art von Cyberbedrohungen vermieden werden. An dieser Stelle ist auch wichtig zu erwähnen, dass hinter den Brokern von flatexDEGIRO keine dritte Bank wie bei anderen Anbietern steht. Mit der flatexDEGIRO Bank hat man eine eigene konzerninterne Lösung. 

Verantwortung und Umwelt

Auch gesellschaftlich sieht sich das Unternehmen in der Verantwortung in jeglicher Hinsicht nachhaltig zu handeln. Im Unternehmen selbst wird dies durch verschiedene Leitlinien und eine gute Unternehmenskultur (Teamarbeit) gelebt. Im Kontext der eigenen Verantwortung erwähnt flatexDEGIRO diverse Beispiele und auch die Ansätze, die das Unternehmen verfolgt. Da sich nachfolgend teilweise bereits genannte Punkte wiederholen würden, möchte ich an dieser Stelle nur noch einmal separat auf die ökologische Perspektive eingehen:

In Bezug auf die Umwelt möchte das Unternehmen nachhaltig agieren, indem die benötigten Ressourcen effektiv und somit schonend eingesetzt werden – hiervon wird zudem auch wirtschaftlich profitiert. Konkrete Punkte, die in Bezug auf umweltbewusstes Handeln noch genannt werden sind bspw. das Vermeiden von unnötigen Dienstreisen (v. a. Flügen), das Führen von papierlosen Büros und der Anspruch den Stromverbrauch stets zu reduzieren.

Aktionärsstruktur

Der Mitbegründer Bernd Förtsch hält auch heute noch einen Anteil von 1,40 % von flatexDEGIRO, aber dies ist lediglich sein privater Aktienbestand. Über die GfBk Gesellschaft für Börsenkommunikation mbH ist Förtsch mit weiteren 12,80 % an dem Unternehmen beteiligt, denn hier tritt der Mitbegründer ebenfalls als Geschäftsführer und alleiniger Eigentümer auf. Der Gesamtanteil an flatexDEGIRO beläuft sich somit auf über 14 %.

Ein weiterer Großaktionär ist Heliad Equity Partners mit einem Anteil von 5,20 %. Diese deutsche Investmentgesellschaft ist ebenfalls an der Börse gelistet und hat eine Marktkapitalisierung von ca. 66 Mio. EUR – allein der Anteil an flatexDEGIRO ist derzeit über 50 Mio. EUR wert. Heliad investiert aber nicht nur in börsennotierte Unternehmen, sondern allgemein in den Bereichen Internet, Technologie, E-Commerce, Biowissenschaften sowie Medien und Entertainment. Auch Clark und Klarna sind bspw. im Portfolio vertreten.

Weitere institutionelle Investoren sind die Market B.V. aus den Niederlanden mit 8,55 % und Polaris Capital Management (schweizerische Investmentgesellschaft) mi 5,18 %.

Niels Klok ist als Mitbegründer von DEGIRO ebenfalls mit 4,99 % an dem Unternehmen beteiligt, wobei interessant ist, dass er zuletzt seinen Anteil reduziert hat. Zuvor besaß er 6,70 % der Aktien. Auch Gijs Nagel ist als weiterer Mitbegründer des Brokers, welcher von Flatex übernommen wurde, mit 4,95 % beteiligt.

Geschäftsmodell

Marktführer in Europa

FlatexDEGIRO war der erste, ist der größte und am schnellsten wachsende paneuropäische Retail-Online-Broker. In seinem aktuellen Aufbau und mit der aktuellen Strategie sehen wir die Geschäftsfelder als sehr effizient ausgerichtet für ein auch in Zukunft nachhaltiges Wachstum, auch ohne Retail-Börsenhypes. Der Konzern besitzt eine europäische Bankenlizenz und hat ein sehr umfassendes und ausgereiftes IT-System, das Wachstum europaweit intakt hält. Die Wachstumsvision des Unternehmens ist strukturiert durchdacht und dennoch ambitioniert. Das Pricing-Modell ist trotz wachsender Konkurrenz im Neobroker-Bereich weiterhin sehr competitive.

Insgesamt hat flatexDEGIRO als führender Broker Europas in etwas 18 verschiedenen Ländern etwa 44 Mrd. EUR an Kapital unter Verwahrung mit 2 Mio. Kundenaccounts. 2021 wurden dabei von Kunden >350 Mrd. EUR an Handelsvolumen an den Märkten umgesetzt. Wichtig dabei ist aber, dass 2021 und 2020 extreme Ausnahmejahre an den Börsen waren, vor allem im Retail-Bereich. Das zeigt sich auch in der nachfolgenden Abbildung: Wir können sehen, dass sich die Anzahl der Gesamttransaktionen von 2019 auf 2021 fast verzehnfacht hat. Die Anzahl der Transaktionen pro Kundenaccount hat sich jedoch nicht mal verdoppelt. Da stellt sich die Frage, wie viele dieser Transaktionen von nervösen „One-Strike-Händlern“ kamen, die einmal und nie wieder ihren Spaß hatten mit Aktien wie GME oder AMC.

Online-Brokerage (FIN)

Das Geschäftsfeld Online-Brokerage bildet das nach außen am offensichtlichste Geschäftsfeld von flatexDEGIRO. Mehr als drei Viertel des Gesamtumsatzes werden mit diesem Segment generiert. Hier werden alle Marken untergeordnet, unter denen das Unternehmen als Online-Brokerage oder Bank für seine Kunden agiert. Außerdem bietet man als Outsourcing-Lösung Dienstleistungen im Bereich Wertpapierabwicklung und technisch vollautomatisierte Transaktionsabwicklung an.

Das Online-Brokerage-Angebot lässt sich nochmal in drei Unterbereiche aufteilen, die sich jeweils nach Zielgruppe (Profi-Trader oder tendenziell Amateur-Investoren) richten. Außerdem sind noch regionale Unterschiede zu nennen. Prinzipiell ist das Erfolgsmodell von flatexDEGIRO ein einfaches aber simples Rechenbeispiel. Es basiert darauf, dass durch effektives Marketing genug Kunden mit genug durchschnittlichen Trades und genug Bindungszeit angeworben werden. Ist ein Kunde mal abbezahlt, was die Kosten des Marketings angeht, handelt es sich um eine fast reine Cashcow für flatexDEGIRO aufgrund der hohen Margen. Dementsprechend viel investiert das Unternehmen auch in Werbung und ist u. a. der Hauptsponsor von Borussia Mönchengladbach.

Insgesamt dauert es zwischen 0,50 und 1,30 Jahre bis die Kunden im Schnitt bezüglich ihrer Marketingkosten wieder auf Breakeven sind. So war das zumindest seit 2014 bei flatexDEGIRO. Der Return on Invest (ROI) wächst natürlich kontinuierlich massiv an. Kunden, die bereits 2014 ihr Onboarding hatten, erzeugten einen Umsatz von 2.166 EUR bis ins Jahr 2021. Nimmt man die Marketingkosten dieses Jahres und teil sie durch die geworbenen Kunden, erhält man einen Wert von 76 EUR CAC. Teilt man den Umsatz nun durch den CAC, so erhält man einen ROI von 2.861 %.

Mit Flatex, DEGIRO und ViTrade gehören drei in Europa bereits etablierte und erfolgreiche Online-Broker zum Konzern. Alle Online-Broker arbeiten nach einem Grundprinzip: Dem beratungslosen Wertpapiergeschäft. Damit wenden sie sich jeweils an Investoren und Trader, die 100 % eigenverantwortlich ihre Transaktionen an der Börse durchführen. Das Handelsangebot der Broker erstreckt sich über alle Wertpapierarten mit Handelsmöglichkeiten an deutschen und zahlreichen internationalen Börsen und dem außerbörslichen Direkthandel.

Da die Broker rein webbasiert sind, unterhalten sie keine Filialen, sondern stellen lediglich verschiedene Handelsplattformen zur Verfügung. Das rückt die zwangsläufig notwendige IT-Struktur von flatexDEGIRO auch direkt in den Vordergrund. 

Um europaweit aus Deutschland agieren zu können, braucht es ein sehr ausgereiftes und skalierbares IT-Netzwerk. Die Plattformen der einzelnen Marken werden jeweils abhängig von der Zielgruppe weiterentwickelt. Erst November 2020 hat man mit „flatex-next“ eine App herausgebracht, die wieder mit der Konkurrenz TradeRepublic und Scalable Capital mithalten soll. Vor allem jüngere Kunden erwarten von ihren Online-Brokern ein modernes und intuitives Interface, keine Banken-Seite, die aussieht wie ein Windows-98-Programm (was bei vielen Standard-Bank-Brokern noch der Fall ist).

Flatex

Der Online-Broker Flatex ist das Angebot von flatexDEGIRO in Deutschland und Österreich. In den Niederlanden wird das dort noch bestehende Geschäft von Flatex an DEGIRO übergeben. Das Angebot von Flatex wendet sich an eigenverantwortliche Trader und Investoren. Kunden können dabei an allen deutschen und vielen internationalen Handelsplätzen handeln. Die Auswahl von Basiswerten erstreckt sich über zahlreiche Wertpapierarten und Handelsmöglichkeiten, hauptsächlich Aktien, ETPs und ETFs. Im Vordergrund des Angebots stehen ein transparentes Preismodell sowie eine bankenunabhängige Produktpalette und ein kundenorientierter Service. Den Kunden von Flatex steht eine Vielzahl von Direkthandelspartnern zur Verfügung. Das bereits seit 2006 bestehende Gebührenmodell verzichtet auf das im Wertpapierhandel bekannte volumenabhängige Entgelt zugunsten eines Festpreises von 5,90 EUR im deutschen Börsenhandel zzgl. der anfallenden Börsengebühren. Über 4.000 ETF- und Fondssparplan-Produkte können darüber hinaus provisionsfrei bespart werden.

DEGIRO

DEGIRO, ehemals als Fondsmanagementgesellschaft gegründet wurde 2013 um die eigene Online-Brokerage-Lösung erweitert. Über selbst entwickelte, nutzerfreundliche Handelsplattformen wird unter der Marke DEGIROKunden der Zugang zu fast 50 europäischen und außereuropäischen Börsenplätzen, darunter bspw. in den USA, Australien, Japan und Hongkong ermöglicht. Hierbei wird eine umfangreiche Produktpalette von Aktien, Anleihen, Futures, Optionen, börsengehandelten Produkten und Fonds angeboten. DEGIRO hat durch ein günstiges Preismodell eine bedeutende Marktposition in vielen Ländern Europas erreicht. Eine grundsätzliche Anpassung des Preis-Leistungs-Verzeichnisses im Dezember 2021 soll dazu beitragen, die starke Marktstellung weiter auszubauen. Hierzu zählen vor allem die Einführung von provisionsfreiem Handel an US-Börsen sowie für Kunden in Frankreich, Spanien, Portugal und Italien sowie den  wesentlichen lokalen Handelsplätzen wie z. B. Euronext Paris, Borsa Italiana oder Bolsa de Madrid.

ViTrade

Mit der Trading-Boutique ViTrade wird Profi-Tradern ein Angebot zur Verfügung gestellt, das sich durch spezielle Konditionen je nach Handelsvolumen und Produkt, professionelle Handelsplattformen und individuelle Kundenbetreuung auszeichnet. Weiterhin wird den Kunden die Möglichkeit gegeben, gedeckte Leerverkäufe (Covered Short Selling) ausgewählter, in Deutschland gehandelter Aktien und Anleihen zu tätigen. Zusätzlich können bei ViTrade sogenannte Handelslinien in Anspruch genommen werden, die Kunden die Möglichkeit geben, Kapital noch effektiver zu nutzen. ViTrade verfügt über ein marktübliches Preismodell, das einen prozentualen Provisionssatz i. H. v. 0,09 % vom Kurswert vorsieht (zzgl. Börsengebühren).

Ein Europa, drei Märkte

FlatexDEGIRO ist insgesamt in 18 europäischen Märkten aktiv. Dabei werden die Länder in drei unterschiedliche Kategorien aufgeteilt:

Core Markets (Kernmärkte)

Die Kernmärkte weisen den größten aktiven Kundenstamm auf. Zu ihnen gehören Deutschland, die Niederlande und Österreich.

Growth Markets (Wachstumsmärkte)

Die Wachstumsmärkte bieten das größte zukünftige Wachstumspotenzial. Hierzu zählen: Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, die Schweiz, Irland und das Vereinigte Königreich.

Research Markets (erforschende Märkte)

Märkte, die keiner der gerade genannten Kategorie zugeordnet werden können, fallen unter die Kategorie Research Markets. Das sind: Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und Griechenland.

Credit & Treasury

Das Geschäftsfeld Credit & Treasury spiegelt das Anlagegeschäft sowie das konservativ und auf grundsätzlich besicherter Basis betriebene Kreditgeschäft wider. Als Beiprodukt des „Brokerseins“ hält flatexDEGIRO fast 3 Mrd. EUR an Kundengeldern. Diese Gelder werden vom Konzern als normale Bank zum Teil verwaltet.

Technologies (TECH)

FlatexDEGIRO bietet mit „FTX:CBS“ eine skalierbare IT-Standardplattform zur technologischen Abbildung von Geschäftsprozessen für den Vollbankenbetrieb an. Hierbei sollen sämtliche technische Unterstützungen aller bank- und brokeragespezifischen Geschäftsprozesse in einem System vereint werden:

Erklärungsauszug aus dem Geschäftsbericht 2021 von flatexDEGIRO:

Die Vertriebsplattform (Sales Platform) bildet die Grundlage für Kundenkontaktpunkte mit Komponenten aus den Bereichen Online-Konto- und Depoteröffnung (Client Check-In, CCI), Customer Relationship Management (CRM), Online-Banking-Frontend, Trading-Frontend, Support- und Callcenter sowie (Marketing-)Kampagnenmanagement. Die technische Unterstützung erfolgt hier durch modulare Softwarelösungen der Banking Suite, wie ENTAX oder CRM-Tools.

Die Produktionsplattform (Production Platform) beinhaltet sämtliche Produktionsprozesse der Konto- und Depotführung, des Einlagengeschäfts, der Wertpapierabwicklung, des Zahlungsverkehrs, des Geld- und Devisenhandels, des Kreditgeschäfts und der Bargeldlogistik. Softwarelösungen wie die Web- und WinFiliale, aber auch Lösungen wie Corporate Payments, Tools für Professional Trading oder Market Data & Low Latency-Services sind in diese Plattform integriert.

Die Steuerungsplattform (Regulatory & Steering Platform) bildet Geschäftsprozesse im Rechnungswesen, Meldewesen, Reporting und Risikomanagement ab. Softwareseitig erfolgt die Unterstützung u. a. durch Anbindung eines Cloud ERP General Ledgers (SAP Business byDesign©) auf Basis der S/4 Hana-Technologie. Des Weiteren werden BusinessIntelligence- und Management-Reporting-Tools hierunter gefasst.

Die Unterstützungsplattform (Support Platform) ergänzt vorgenannte Plattformen um Prozesse der Archivierung, des Release-Managements, des Fulfillments sowie der Authentifizierung.

Burggraben 

Einleitung

Nach eigenen Angaben ist es flatexDEGIRO in den letzten Jahren gelungen, zum größten Online-Broker für Privatanleger in Europa aufzusteigen. Mit seinen drei Marken ermöglicht das Unternehmen den Handel von vielen verschiedenen Assetklassen, was die Kunden zu honorieren scheinen. Die durchschnittliche Anzahl aktiver Kundenaccounts ist seit 2017 dementsprechend von 253,83 Tsd. auf 1,70 Mio. in 2021 angewachsen. Auffällig ist dabei insbesondere der starke Anstieg in 2020, welcher laut dem Management neben der Übernahme von DEGIRO auf ein erhöhtes Interesse der europäischen Bevölkerung an den eigenen Finanzen zurückzuführen ist. Die vorübergehende Schließung von Bankfilialen zu Beginn der Corona-Pandemie habe außerdem zu einer höhen Akzeptanz von Online-Banking und -Brokerage geführt.

Das von flatexDEGIRO betreute Kundenvermögen belief sich zum Ende des letzten Geschäftsjahres auf 43,83 Mrd. EUR und konnte im betrachteten Zeitraum um den Faktor 3,66 gesteigert werden.

Außerdem verfügt flatexDEGIRO, wie beim Geschäftsmodell bereits erläutert, im Gegensatz zu vielen Neobrokern über eine eigene IT-Infrastruktur. Darüber hinaus ist man nach eigenen Angaben der einzige europaweit aktive Online-Broker mit deutscher Vollbanklizenz. Dank dieser beiden Faktoren zeichnet sich flatexDEGIRO durch eine besondere Wertschöpfungstiefe aus.

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Porters Five Forces

Nachstehend die Branchenstrukturanalyse nach Michael E. Porter. Diese dient der Einordnung von externen Kräften, welche auf die Unternehmen einer Branche einwirken. Unsere Skala reicht hierbei von 0 bis 5. Je besser flatexDEGIRO aufgestellt ist, desto höher ist die Punktzahl, welche wir vergeben.

Geschäftsführung

Frank Niehage

Frank Niehage ist der derzeitige CEO von flatexDEGIRO und verfügt über ein ausgeprägtes Erfahrungsspektrum im Sektor des Finanzwesens. Niehage studierte in den USA und erwarb am University of Houston Law Center seinen Master of Laws mit dem Schwerpunkt der internationalen Wirtschaft. Auch heute ist er noch ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt.

Nachdem er 2001 bei UBS als Team Leader tätig war, arbeitete Niehage bei diversen Größen aus dem Finanzsektor – u. a. Credit Suisse, Bank Sarasin (bei dieser Schweizer Privatbank war er CEO) und Goldman Sachs. 2014 wechselte er schließlich zur heutigen flatexDEGIRO und leitet den Konzern nun als CEO.

2. Fundamentale Ansicht 

Kennzahlen 

Aktienfinder
Aktienfinder

Die Prognosen aus diesem Abschnitt werden vom Aktienfinder zur Verfügung gestellt.

Umsatz

Entwicklung

Seit 2017 konnte flatexDEGIRO die Erlöse im Durchschnitt um 40,55 % pro Jahr von 107,01 Mio. EUR auf 417,58 Mio. EUR steigern. Dieses starke Wachstum lässt sich mit einer Vielzahl von Faktoren begründen, welche in der Vergangenheit einen positiven Einfluss auf die Geschäfte des Unternehmens hatten.

In erster Linie ist dabei die Akquisition von DEGIRO zu nennen, welche im Juli 2020 erfolgreich abgeschlossen wurde und für den Konzern ein erhebliches Ausmaß hatte. Als weiterer wichtiger Faktor lässt sich die hohe Volatilität der Aktienmärkte identifizieren, welche insbesondere seit 2020 vorherrscht (Corona-Crash und anschließende Rallye, Meme Stock Mania, aktuelle Korrektur). Den Erfahrungen von flatexDEGIRO zufolge besteht zwischen der Handelsaktivität der Kunden sowie der Schwankungsintensität an den Börsen ein direkter Zusammenhang, da sich eine gestiegene Anzahl an Handelsmöglichkeiten ergibt. Somit stieg die Anzahl der abgewickelten Transaktionen überproportional an. Zu guter Letzt habe die Corona-Pandemie laut der Unternehmensführung von flatexDEGIRO neben einer erhöhten Akzeptanz von Online-Banking dazu geführt, dass sich die Menschen vermehrt mit ihrer finanziellen Absicherungen beschäftigen.

In den kommenden drei Geschäftsjahren soll sich die Wachstumsgeschwindigkeit von flatexDEGIRO erneut dem Niveau annähern, welches auch schon zwischen 2017 und 2019 vorlag. Demnach könnte das Unternehmen in 2024 569,67 Mio. EUR erlösen. Das durchschnittliche Wachstum würde sich in diesem Fall auf 10,91 % belaufen.

Umsatzverteilung nach Segmenten

Das operative Geschäft von flatexDEGIRO lässt sich in zwei übergeordnete Segmente untergliedern. Der Geschäftsbereich Financial Services war in 2021 nicht nur für 85,57 % der Erlöse verantwortlich, sondern konnte auch für hohe Zuwächse sorgen. Die untergeordneten Segmente Online-Brokerage, Credit & Treasury sowie Non-Brokerage (Outsourcing des Produktspektrums einer Vollbank) haben wir beim Geschäftsmodell ausführlich erläutert.

Im Umkehrschluss wurde innerhalb des Technologies-Segments eine Umsatzanteil i. H. v. 14,43 % erzielt, die Tendenz der letzten Jahre zeigt allerdings nach unten. Das Flatex Core Banking System (FTX: CBS) stellt in diesem Zusammenhang das Kernprodukt dar.

Umsatzverteilung nach Regionen

Derzeit bietet flatexDEGIRO seine Dienstleistungen in 18 europäischen Ländern an. Während das Unternehmen mit der Marke Flatex nur in Deutschland und Österreich aktiv ist, wird in allen anderen Märkten DEGIRO platziert.

Eine detaillierte Umsatzverteilung nach Regionen wird in den Geschäftsberichten jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Um dennoch ein Gefühl für die Wichtigkeit einzelner Absatzmärkte zu bekommen, ist in Abbildung 12 die Verteilung der 2,06 Mio. Kundenaccounts dargestellt, welche zum 31. Dezember 2022 existierten.

Anhand der bestehenden Kundenbasis sowie deren Wachstumsgeschwindigkeit werden von flatexDEGIRO die drei Märkte unterschieden, welche wir im Abschnitt „Ein Europa, drei Märkte” erläutert haben. Die Kernmärkte des Unternehmens stellen demnach Deutschland, Österreich und die Niederlande dar. Im vergangenen Geschäftsjahr waren 62,80 % der Kunden in diesen Ländern beheimatet.

In den Wachstumsmärkten konnte flatexDEGIRO mit einem Neukundenwachstum i. H. v. 75 % die höchsten Steigerungen realisieren. Zuletzt waren ca. ein Drittel der Kunden von flatexDEGIRO in den entsprechenden Ländern lebhaft.

Mit 100.000 Kundenaccounts, was einem Anteil von 4,83 % entspricht, waren die sogenannten Forschungsmärkte von bisher untergeordneter Relevanz für flatexDEGIRO. Mit einem Kundenwachstum i. H. v. 67 % im Vergleich zum Vorjahr waren allerdings auch diese Länder von hohen Zuwächsen geprägt.

Ein besonderes Potenzial für flatexDEGIRO schlummert dabei in Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, Portugal und der Schweiz, welche als „Underdeveloped G7″ bezeichnet werden. Diese Märkte beherbergen einen potenziellen Kundenstamm von 285 Mio. Menschen, die Online-Banking in Relation zur Bevölkerung in Skandinavien, Großbritannien und der Niederlande in einem geringen Umfang nutzen. Nach Unternehmensangaben verwendeten in 2020 nur 8 % der Menschen in den Underdeveloped G7 Dienstleistungen im Online-Brokerage-Bereich, während der Anteil in Schweden, Finnland und Co. bei 35 % lag.

EBIT und Konzerngewinn

Bei den folgenden Konsensschätzungen handelt es sich um Zahlen, welche um bestimmte Sondereffekte bereinigt wurden. Um eine Vergleichbarkeit zu den historischen Werte gewährleisten zu können, haben wir beim EBIT ebenfalls die adjustierten Zahlen herangezogen und werden diese im Folgenden näher betrachten.

In den letzten fünf Jahren entwickelten sich die Ergebnisse von flatexDEGIRO annähernd parallel zu den Umsatzerlösen und konnten bis auf einen kurzzeitigen Rückgang in 2019 stetig gesteigert werden. Der vorübergehende Einbruch ist mit hohen Marketingaufwendungen zu begründen, welche auf den damaligen Markteintritt von Flatex in den Niederlanden sowie verschiedene Neukundenaktionen in Deutschland zurückzuführen sind. In 2021 wurden die Konzerngewinne von flatexDEGIRO außerdem durch ungewöhnlich hohe, variable Vergütungsbestandteile der Mitarbeiter belastet, welche beim adjustierten EBIT nicht berücksichtigt werden.

Derzeit gehen die Analysten davon aus, dass sich die positive Entwicklung des operativen Geschäfts von flatexDEGIRO auch bis 2024 fortsetzen wird. Der operative Gewinn könnte sich dann bereits auf 228,49 Mio. EUR belaufen, wodurch ein jährliches Wachstum um 16,30 % zustande kommen würde.

Margen

Zwischen 2017 und 2021 schwankte insbesondere die Nettogewinnspanne von flatexDEGIRO vergleichsweise stark. Mit Ausnahme des Geschäftsjahres 2019 konnte die adjustierte EBIT Marge hingegen fast kontinuierlich gesteigert werden und in Anbetracht dieser Kennzahl verzeichnete das Unternehmen auch im letzten Geschäftsjahr einen neuen Rekord bei der Profitabilität. Infolge der beschriebenen Einflüsse lag die Nettomarge derweil wenige Prozentpunkte unterhalb des Hochs aus 2020.

Bei der bereinigten EBIT Marge wird derzeit ein marginaler Rückgang während des laufenden Geschäftsjahres antizipiert. Der prognostizierte Wert für 2024 beläuft sich allerdings auf 40,11 %, was einem relativen Wachstum von 15,32 % entsprechen würde. Im Vergleich zur Peer Group können sich die Zahlen von flatexDEGIRO somit sehen lassen.

Dividendenpolitik und Aktienrückkäufe

Für die Geschäftsjahre 2011 und 2012 schüttete flatexDEGIRO eine Dividende i. H. v. 0,03 EUR bzw. 0,04 EUR an seine Anteilseigner aus. Seitdem hat das Management die Gewinnbeteiligungen allerdings eingestellt und auch durch Aktienrückkäufe wurde keine erhebliche Menge an finanziellen Mitteln an die Anteilseigner zurückgegeben, sodass die Anzahl ausstehender Aktien aufgrund von Akquisitionen sowie aktienbasierter Vergütungen der Mitarbeiter fortlaufend angestiegen ist.

Obwohl sich die Aktionäre nach den Schätzungen der Analysten vorerst nicht auf die Ausschüttung von Dividenden einstellen sollten, hat der Vorstandsvorsitzende von flatexDEGIRO kürzlich in einem Interview bekanntgegeben, dass eine Dividendenpolitik intern geprüft werde. In Anbetracht der Tatsache, dass das Unternehmen bereits seit mehreren Jahren in der Lage ist, konstant positive Nettoergebnisse sowie Cashflows zu erwirtschaften, scheint dies nicht unwahrscheinlich.

Historische Kennzahlen

KUV

Während die Erlöse von flatexDEGIRO zwischen 2017 und 2021 stetig angewachsen sind, war die Aktie des Unternehmens von einer hohen Volatilität geprägt, weshalb auch die Kurs-Umsatz-Verhältnisse vergleichsweise stark schwankten. Der Mittelwert innerhalb dieses Zeitraums beläuft sich auf 4,63. Das aktuelle KUV ist mit einem Wert von 2,70 am unteren Ende der historischen Spanne angelangt und könnte den Konsensschätzungen entsprechend bis 2024 auf 1,90 sinken.

KGV

Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse entwickelten sich im vorliegenden Zeitraum ebenfalls sehr unstetig. Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres wurde mit einem Wert von 43,11 außerdem ein neues Hoch erreicht. Zuletzt ist das Gewinnvielfache unter den historischen Durchschnitt gefallen und beträgt aktuell 20,98. In Bezug auf den aktuellen Börsenwert und den bereinigten Nettoergebnissen könnte das Multiple in den nächsten drei Jahren weiterhin rückläufig sein und auf 6,93 abfallen.

KOCV

Analog zu den Umsätzen und Gewinnen von flatexDEGIRO konnten auch die operativen Cashflows stetig gesteigert werden. Somit verzeichnete das Kurs-Cashflow-Verhältnis in 2017 mit 22,61 seinen Höchstwert und liegt derzeit bei 8,65. Nach einem kurzzeitigen Rückgang im laufenden Geschäftsjahr erwarten die Analysten in 2023 und 2024 weiterhin hohe Zuwächse der Mittelzuflüsse aus dem operativen Geschäft, weshalb das erwartet KOCV in drei Jahren auf 4,48 absinkt.

Einordnung nach Peter Lynch

Durch ein kontinuierliches Kundenwachstum, einer erhöhten Handelsaktivität sowie der Akquisition von DEGIRO ist es flatexDEGIRO in den letzten fünf Geschäftsjahren gelungen, hohe Steigerungen bei den Umsatzerlösen sowie den Ergebnissen zu verbuchen. Wenngleich die Analysten bis 2024 eine Verlangsamung der Wachstumsgeschwindigkeit prognostizieren, ist das Unternehmen aus unserer Sicht dennoch als Fast Grower einzustufen.

Fundamentales Wir Lieben Aktien-Rating

Mit 8 von 10 möglichen Punkten erreicht flatexDEGIRO in unserem fundamentalen Wir Lieben Aktien-Rating für Fast Grower ein sehr solides Ergebnis. Abzüge gibt es für die Eigenkapitalquote i. H. v. 13,53 %, welche allerdings durch die Einlagen der Kunden, die in der Bilanz als Fremdkapital erfasst werden, verzerrt wird und in Anbetracht der Nettoliquidität des Unternehmens nicht als kritisch anzusehen ist. Darüber hinaus liegt das erwartete EBIT Margen Wachstum bis 2024 mit 15,32 % leicht unterhalb unserer Anforderung von 20 %.

3. Konkurrenzvergleich und Branchenanalyse 

Allgemeine Infos über die Branche

Global Industry Classification Standard – GICS

FlatexDEGIRO ist klar im Finanzsektor angesiedelt. Unserer Meinung lässt sich am besten dem GIGS-Segment „Consumer Finance“ zuordnen, da das Hauptaugenmerk des Geschäftsmodells auf den Dienstleistungen an Endkunden liegt.

Was durch das Geschäftsmodell von flatexDEGIRO bereits klar wurde ist, dass es sich nicht um eine normale Bank wie bspw. eine Sparkasse handelt. Es ist ein kompletter Online-Broker und das Unternehmen unterhält keine Filialen. Dementsprechend macht es keinen Sinn, flatexDEGIRO in die Bankenbranche zu schieben. Treffender ist ein Vergleich mit Neobanken.

Kurzübersicht zur Branche 

Neobanken haben klassischerweise keine Filialen und handhaben ihre Prozesse daher nur online oder per App. Abnehmer sind in aller Regel Privatkunden, das Geschäft läuft also B2C (Business-to-Customer) ab. Das Interessante an der Branche der Neobanken sind die geringen Gebühren, welche für die Dienstleistungen erbracht werden. Gerade beim Aktienhandel ist dies enorm auffällig. Während man bei einer Volksbank, Sparkasse oder sonstigen Filialbank für die Transaktionen mit Aktien gut und gerne über 10 EUR bezahlt, können Neobanken diese Dienstleistung meist für unter einem Euro anbieten. Dies ist deswegen möglich, weil die Kostenstruktur grundsätzlich deutlich geringer ist. Bei klassischen Kostenpunkten wie Personal oder Filialen kann eine Neobank enorm einsparen.

Diese Preisvorteile können dann an den Endkunden spürbar weitergeben werden. Der positive Effekt spiegelt sich auch in den Nutzerzahlen von Neobanking wider. 2017 waren es noch 19,14 Mio. weltweite Nutzer von Neobanking. 2022 sollen es laut derzeitigen Schätzungen rund 185 Mio. Nutzer sein. Damit hätte sich die Nutzerzahl in diesem Zeitraum knapp verzehnfacht. Bis 2025 soll die Nutzerzahl weiter auf 318,72 Mio. anwachsen. Zum Vergleich flatexDEGIRO hatte insgesamt 2,21 Mio. Accounts im Q1 2022.

Regionale Aufteilung

Das weltweite Transaktionsvolumen belief sich im Jahr 2021 auf 2,10 Bio. EUR. Ziemlich genau die Hälfte davon entfällt überraschenderweise auf Europa. Amerika ist mit 40 % auf Platz zwei. Die restlichen 10 % verteilen sich zu 9 % auf Asien und 1 % auf Afrika und Australien zusammen mit Ozeanien.

Interessant ist der kleine Teil aus Asien, gerade wenn man bedenkt, dass Alibaba und Tencent eigene Paymentmodelle im Markt etabliert haben, die großflächig in China genutzt werden. Allerdings fallen diese Transaktionen nicht unter den Bereich der Neobanken, sondern allgemein in die Finanzdienstleistungen.

Marktentwicklung gemessen am Transaktionsvolumen

Für die Marktentwicklung gemessen am Transaktionsvolumen orientieren wir uns an den drei größten Märkten.

Das Weltweite Volumen stieg in der Vergangenheit enorm stark an, was mit Sicherheit auch an der zuvor beschriebenen Entwicklung der Nutzerzahlen lag. Von 2017 bis 2021 lag hier bereits mehr als eine Verzehnfachung vor.

Bis 2025 soll sich ausgehend von 2021 das Transaktionsvolumen weltweit nochmal verdreifachen. Treiber für dieses Wachstum sollen alle drei Kontinente in gleichem Umfang sein.

Das Wachstum des Marktes ist auch durch das Transaktionsvolumen pro Nutzer stark erkennbar. Interessant ist, dass vor allem Europa hier ein überdurchschnittlich hohes Transaktionsvolumen pro Nutzer aufweist. Insoweit ist flatexDEGIRO durch den Fokus auf den europäischen Markt so gesehen im richtigen Markt positioniert.

Überblick über die Konkurrenz

Außerbörsliche Konkurrenzsituation (Neobroker)

Übersicht

Neben dem Konkurrenzvergleich mit börsennotierten Unternehmen ist im Fall von flatexDEGIRO die Betrachtung der außerbörslichen Konkurrenzsituation notwendig. Bezüglich der Markenbekanntheit belegt Flatex in Deutschland den siebten Platz. DEGIRO kommt in der Umfrage nicht vor, was jedoch auch klar ist, da DEGIRO nicht den deutschen Markt zum Ziel hat.

Beliebtheit der bekannten Neobroker in Deutschland

Nachfolgend haben wir Flatex mit Trade Republic und Scalable Capital mit den Daten einer Umfrage von Mitte Mai 2022 verglichen. Unter allen 592 Befragten, die zwischen 18 und 64 alt waren, kamen folgende Daten zum Vorschein:

Börsennotierte Konkurrenten (“Klassische” Online-Broker)

Gebühren für ETF-Sparpläne und den Aktienhandel

Außerdem wollen wir anhand von Abbildung 25 einen kurzen Vergleich der Gebühren zwischen Flatex und eher „klassischen“ Online-Brokern durchführen, die im Rahmen eines Konzerns auch börsennotiert sind (Ausnahme ist in Abb. 25 der S Broker). Während die Ausführung von ETF-Sparlänen bei Flatex inzwischen kostenlos ist, werden bei comdirect und der Consorsbank, welche zur Commerzbank und zur BNP Paribas gehören, bspw. Gebühren i. H. v. 1,50 % erhoben.

Die pauschalen Konditionen, welche flatex bei Einzelkäufen anbietet, zeigen sich bei den unten dargestellten Beispielen: Unabhängig vom Ordervolumen erhebt der Broker für den Handel an deutschen Börsenplätzen eine Gebühr von 5,90 EUR. Bei den vorliegenden Konkurrenten steigen die Ordergebühren hingegen analog zum Kauf-, bzw. Verkaufsvolumen in einem nicht unerheblichen Umfang an.

Kennzahlen

In folgender Tabelle vergleichen wir die Konkurrenten von flatexDEGIRO anhand der Kennzahlen.

*Die Berechnung der Renditeerwartung anhand des Fair Values entstammt der „Faire Wert“-Funktion von Aktienfinder.net. Dabei haben wir das durchschnittliche KGV der letzten fünf Jahre verwendet und in Kombination mit den erwarteten Nettoergebnissen in die Zukunft fortgeschrieben.

Performance seit Ende 2016

Seit Ende 2016 hat flatexDEGIRO die Konkurrenten eindeutig outperformt, aber der Kursverlauf war zugleich auch von einer viel höheren Volatilität geprägt. Dies wird v. a. bei der derzeitigen Korrektur ersichtlich, denn inzwischen nähert sich die Performance von flatexDEGIRO an die von der IG Group an. Die Commerzbank und BNP Paribas haben in den letzten Jahren (inkl. reinvestierter Dividende) keine positive Rendite erwirtschaften können.

4. Chancen und Risiken  

Chancen

Gesteuertes Wachstum durch gezieltes Branding (1)

In der Branchenanalyse haben wir festgestellt, dass der europäische Markt der interessanteste für das Neobanking ist. flatexDEGIRO teilt sich diesen selbst auf. Flatex konzentriert sich auf den deutschen und österreichischen Markt, während DEGIRO in den anderen Ländern als Brand aufgebaut wird. DEGIRO ist derzeit in 16 weiteren europäischen Ländern aktiv vertreten.

Diese Ländervielfalt bietet eine gute Grundbasis für organisches Wachstum, welches besonders durch immer besser werdende Preismodelle, einem umfangreicheren Produktangebot sowie durch eine kundenorientierte Plattform erreicht werden soll.

Die Plattform soll eine digitale Nähe zum Kunden vermitteln und diesen so langfristig an den jeweiligen Broker binden. Die angesprochene Bindung soll vor allem dadurch kommen, dass sich die Broker nicht nur an bspw. langfristige Investoren richtet, sondern auch an Händler mit kurzfristigen Absichten (Trader). Letztere spricht der Konzern auch über die Marke ViTrade an und deckt so noch mehr Kundenbedürfnisse ab.

Spannend ist jedoch, wie die Wachstumsstrategie bei flatexDEGIRO umgesetzt wird. Intern hat man die europäischen Länder in Core-, Growth- und Research Markets unterteilt. Zu den Core Markets gehören Deutschland, Österreich und die Niederlande. Hier werden derzeit die größten Umsätze eingefahren. Zu den Growth Markets gehören Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, die Schweiz, Irland und das Vereinigte Königreich. Hier verrät der Name bereits, dass der Konzern sich auch hier das größte Wachstum verspricht. 2021 wurden die neuen Kundenaccounts um 75 % gesteigert (im Q1 22 immerhin noch um 13 %). Die restlichen Länder werden als Research Markets betrachtet und dienen mehr oder weniger dem Suchen von neuen attraktiven Märkten. Insgesamt sollte durch das noch starke Marktpotenzial in Europa die Strategie von flatexDEGIRO langfristig stark ankurbeln.

Durch dieses gezielte Branding bestehen aus unserer Sicht hohe Chancen, dass sich der Konzern bzw. die entsprechenden Untermarken sehr gut im jeweiligen Land integrieren und verfestigen. Sofern die Pläne von flatexDEGIRO weiter umgesetzt werden, sollte das Wachstum langfristig aufrechterhalten werden können.

Wir können abwarten, wie die Entwicklung des restlichen Jahres 2022 für den Konzern wird, da die schwache Börsenphase die operativen Kennzahlen von flatexDEGIRO stark treffen sollte. Das dürfte damit eine Bestandsprobe für die Strategie des Managements werden.

Steigende Profitabilität (2)

Der Konzern wird kennzahlenübergreifend über die Zeit dauerhaft profitabler, was man als absolut positiv herauskristallisieren muss. Auch im seit längeren ersten schlechten Börsenquartal Q1 2022 konnte der durchschnittliche Umsatz pro Trade deutlich gesteigert werden.

Gleiches gilt auch für den durchschnittlichen Umsatz pro Nutzer (in Englisch ARPU). Zugegeben waren diese Steigerungen im Jahr 2021 mit dem eigentlich dauerhaft steigenden Markt sehr korrelierend. Genau deswegen gilt es nun, die nächsten Quartale abzuwarten, um zu betrachten, wie sich flatexDEGIRO in einem Bärenmarkt verhält. Wir gehen von deutlichen Abschwächungen in den Kennzahlen aus. 

Technologiesegment als Diversifizierung (3)

Durch das im Geschäftsmodell angesprochene Technologie-Segment hat flatexDEGIRO die Möglichkeit, die Umsätze deutlich stärker zu diversifizieren und so ein robusteres Geschäftsmodell zu integrieren. Insgesamt wird die Plattformlösung für Banken sehr stark im Geschäftsbericht dargestellt. Laut diesem wurden 2021 68 Mio. EUR mit der gesamten Technologie-Sparte umgesetzt. Dies klingt zunächst viel, allerdings kamen davon nur ca. 12,50 Mio. EUR in der Gewinn- und Verlustrechnung des Konzerns als Umsatz an. Das kommt daher, da wohl die meisten Umsätze des Technologie-Sektors konzernintern vonstattengehen, also z. B. von einer Tochterfirma an eine andere Tochterfirma.  2020 waren die Erträge aus der Plattform mit ca. 15,50 Mio. EUR sogar 3 Mio. EUR höher als 2021. Im Geschäftsbericht nimmt man zu diesem Rückgang wie folgt Stellung:

„Der Rückgang der externen Umsatzerlöse aus IT-Dienstleistungen resultiert insbesondere aus einer strategischen Fokussierung auf konzerninterne IT-Projekte, wie der weiteren Anbindung der DEGIRO an das FTX:CBS sowie der Weiterentwicklung der neuen B2C-Brokerage-Plattform flatex-next.“

Insofern möchten wir diese Chance eher als klein betiteln, da noch nicht absehbar ist, ob die Plattform merklich Außenumsatz einbringen wird.

Risiken

Die Börse als zyklisches Geschäftsfeld (1)

Eintrittswahrscheinlichkeit: mittel-hoch
Auswirkungen: mittel

FlatexDEGIRO hat in den vergangenen Quartalen massiv davon profitiert, dass die Börsenkurse (fast) nur eine Richtung kannten. Das gesteigerte Interesse hat sich in allen Kennzahlen des Konzerns widergespiegelt und den Aktienkurs dementsprechend beflügelt. Das Problem hieran ist, dass diese Entwicklung wohl im Jahr 2022 nicht aufrechterhalten werden kann, da wir hier in einen mittelfristigen Bärenmarkt gerutscht sind und damit auch das allgemeine Interesse an der Börse zurückging. Mit abnehmender Begeisterung für die Börse ist es für Broker schwierig bis unmöglich, die Wachstumsziele zu erreichen. Gleichzeitig bleiben in solchen Zeiten die Fixkosten (Software, Personal für Kundenbetreuung oder Ähnliches) gleich hoch, was die Marge drückt.

Gerade 2020 hat flatexDEGIRO einen enormen Zuwachs an Umsatz und Nutzern verzeichnen können. 

Man sieht auch bereits, dass im Q2 2022 die Anzahl der durchschnittlichen Transaktionen je Nutzer auf 29 von zuvor 41 (Q1 2021) deutlich zurückgegangen ist.

Auch wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit für 2022 bezüglich dieses Risikos als mittel/hoch eingestuft werden sollte, sehen wir die langfristige Auswirkung nur bei mittel, da die Börse immer in Zyklen abläuft.

Hoher Konkurrenzdruck (2)

Eintrittswahrscheinlichkeit: hoch
Auswirkungen: mittel

Wir hatten es in der Branchenanalyse bereits thematisiert, dass es gerade in der Neobanken-Szene einen sehr hohen Konkurrenzdruck gibt. In Deutschland gibt es unzählige alternative Möglichkeiten, wo man sein Geld kostengünstig in den Kapitalmarkt investieren kann. Nachfolgend listen wir einige der Konkurrenten von flatexDEGIRO auf:

Trade Republic, Scalabe Capital, Finanzen.net zero, Smartbroker…

Man erkennt bereits an dieser kurzen Auflistung, dass man sich als Anbieter keine Fehler leisten darf, da ansonsten um die Kunden gebangt werden muss. Durch unkomplizierte Wechselprozesse ist es den Kunden nämlich ein leichtes, den Broker zu wechseln und die Wertpapiere teilweise oder gänzlich zu übertragen. Letztere Variante bietet auch eine Chance, jedoch sehen wir die potenziell negativen Auswirkungen als höher an.

Der Kundenverlust ist aus unserer Sicht deswegen ein solches Problem, da Broker deutlich effizienter arbeiten, wenn sie viele Anleger haben, die Käufe oder Verkäufe tätigen. Dadurch können die Fixkosten auf mehrere Kunden und Umsätze abgewälzt werden und dementsprechend die Marge gesteigert werden.

Werbung zahlt sich nicht aus (3)

Eintrittswahrscheinlichkeit: mittel
Auswirkungen: mittel

FlatexDEGIRO ist mit Flatex Hauptsponsor beim Fußball Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Geschätzt wurde, dass für die abgelaufene Saison von flatexDEGIRO rund 9 Mio. EUR bezahlt werden musste, um auf der Brust des Trikots zu stehen. 

Insgesamt wurde von flatexDEGIRO 46 Mio. EUR für Marketing ausgegeben. Das entspricht im Vergleich zum Umsatz rund 11 %. Das mag grundsätzlich noch ein ordentliches Verhältnis sein, jedoch wurde angekündigt, ein weiteres Sponsoring mit dem Fußballclub Sevilla einzugehen – hier unter dem Namen des Brokers DEGIRO. Demnach ist zu befürchten, dass die Kosten des Marketings weiter anwachsen werden. Grundsätzlich ist es vollkommen in Ordnung, wenn ein Unternehmen 11 % des Umsatzes in Werbung investiert. Jedoch ist fraglich, ob der Umsatz im Jahr 2022 die gleiche Höhe erreicht wie 2021. Sollte der Umsatz stärker zurückgehen, würden die Kosten des Marketings als weiterer Fixkostenfaktor bestehen bleiben und die Margen weiter senken. Ähnlich geschieht dies derzeit bei TeamViewer.

5. Unsere Bewertung 

Eigenkapitalkosten

Beginnen wir wie immer bei der Ermittlung der kalkulierten Eigenkapitalkosten:

Unsere Werte für flatexDEGIRO sind hier wie folgt:

Risikoloser Basiszins: 2,00 %

Risikoprämie: 8,50 %

Marktrendite: 7,00 %

Beta: 1,70

diese ergeben insgesamt Eigenkapitalkosten von 10,50 %, welche wir, für ein „Small Cap“, dem dadurch erhöhten Risiko und der hohen Wachstumserwartungen für angemessen halten.

FlatexDEGIRO konnte seinen Finanzmittelbestand innerhalb der letzten zwei Geschäftsjahre von 468 Tsd. EUR auf 1,60 Mio. EUR steigern. Bezüglich der Finanzierung des Unternehmens ist noch die hohe Fremdkapitalquote von ca. 86 % anzumerken, aber auch hier ist erkennbar, dass nur etwa 4,20 % der Schulden auf langfristige Schulden entfallen. Damit bleiben noch ca. 3 Mrd. EUR Schulden übrig, wovon allerdings fast 92 % bzw. 2,80 Mrd. EUR auf „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ entfallen, was für einen Finanzdienstleister nach unserem Verständnis nichts anderes als die Kundeneinlagen darstellt.

Optimistisches Szenario

Für die Jahre 2022 bis 2025 rechnen wir mit einem durchschnittlichem Umsatzwachstum von 14,22 %. Anschließend soll sich das Wachstum von 9 % langsam bis auf 5 % senken und mit 2 % in die ewige Rente (2032ff.) gehen.

Bezüglich der adjustierten Margen rechnen wir mit einem weiteren Anstieg bis 2025 auf 49,04 %, was auch das Maximum bilden soll. Im Weiteren soll die adjustierte Marge dann, nach einem Einbruch auf 43,50 %, um 0,50 % p. a. rückläufig sein.

Weiterhin nehmen wir noch an, dass flatexDEGIRO in den nächsten Jahren weder Dividenden ausschüttet noch Aktien zurückkauft.

Der dann ermittelte faire Wert beläuft sich auf 21,12 EUR und gibt eine Unterbewertung von 53 % an.

Mit einem KGVe von 18 in 2031, kommen wir dann auf eine Renditeerwartung von 16,14 % p. a.

Pessimistisches Szenario

Das pessimistische Szenario gestalten wir bis 2025 exakt gleich wie im optimistischen. Anschließend gehen wir davon aus, dass flatexDEGIRO stärkere Wachstumsprobleme bekommt und sich im Gesamten das Wachstum auf +/- 0 % beläuft. Das Wachstum für die ewige Rente (2033ff.) haben wir dabei auf 1,50 % geschätzt.

Für die adjustierten Margen rechnen wir nach dem anfänglichen Wachstum mit einem Rückgang auf 35 % in 2026. Bis 2032ff. sogar noch mit einem Abfall auf 30 %.

Zum aktuellen Zeitpunkt kommen wir damit nur noch auf einen fairen Wert von 11,08 EUR, was ebenfalls einer Unterbewertung entspricht. Diese beträgt allerdings nur noch 11 %.

Mit einem Gewinnmultiple von 15 erhalten wir somit eine jährliche Rendite von 3,78 %.

Auch hier erwarten wir weder Aktienrückkäufe noch Dividenden.

DCF-Modell

Bei der DCF-Berechnung kommen wir auf einen WACC von 9,68 % und verwenden einen Wachstumsabschlag von 2 %.

Wir rechnen mit einem Anstieg der Free Cashflow Marge von 19 % in 2022e auf 34 % in 2026e.

Bis auf die Umsatzentwicklung in 2026e sind die Werte identisch mit denen der DNP-Modelle. 2026e bildet den Mittelwert aus dem optimistischen und pessimistischen Szenario.

Damit kommen wir auf einen fairen Wert von 22,18 EUR und eine Unterbewertung um 56 %.

Das Modell findest Du hier

Unsere Einschätzung

FlatexDEGIRO konnte vom Hype der letzten Jahre stark profitieren, hat allerdings auch durch die momentan schlechtere Anlegerstimmung entsprechend Marktwert abgeben müssen. Wie bereits zu Beginn der Bewertung angesprochen, ist das Risiko bei „Small Caps“ bedeutend höher als bei größeren Unternehmen. Begründen lässt sich das mit der meist kurzen Historie, sehr viel eingepreisten Wachstum und der höheren Volatilität des Preises. flatexDEGIRO steht, wie auch unsere Bewertungsmodelle stützen, finanziell sehr gut da, ist profitabel und weist keine gröberen bilanziellen Risiken auf.

Die Entwicklung von flatexDEGIRO ist allerdings schwer abzuschätzen, da viel auch davon abhängt, ob und wie viele Investoren nach den aktuellen Kursverlusten am Markt verbleiben oder zurückkehren. Sollte ein weiterer Hype um das Thema Geldanlage entstehen, wie 2020/2021, kann es hier auch gut sein, dass sogar das optimistische Szenario übertroffen wird. Sollten allerdings mehr Investoren vom Markt verschwinden und nicht mehr zurückkehren, kann das für das Unternehmen auch starke Probleme herbeiführen.

Trotz der erhöhten Risiken, denen man sich bei einem solchen Investment bewusst sein sollte, habe ich (Christian) flatexDEGIRO auf meiner Watchlist und setze auch die Investmentampel auf Grün.

Die Renditeerwartung pro Jahr würde ich mit 12,50 % bemessen. Mit dieser Annahme ist ein gewisser Sicherheitspuffer zum optimistischen Szenario einkalkuliert.

Die genaue Berechnung kann der Exceltabelle (DNP-Modell) durch einen Klick entnommen werden.

6. Technische Ansicht

Charttechnische Trendeinordnung

Übersicht

Langfristig

Da die Aktie erst seit 2016 an der Börse gelistet ist, kann noch kein ausgeprägter langfristiger Trend bewertet werden. Nichtsdestotrotz befindet sich die Aktie in einem langfristigen Aufwärtstrend und korrigiert diesen aktuell zwar ziemlich weit, aber noch gerade so in einem gesunden Ausmaß.

Mittelfristig

Im Wochen-Chart wird ein Abwärtstrend sichtbar, welcher in der letzten Zeit eher einem einzigen Abverkauf gleicht. Es gab keinerlei wirkliche Erholung und aus diesem Grund ist flatexDEGIRO von einem Trendbruch auf dieser Zeitebene auch noch weit entfernt.

Kurzfristig

Kurzfristig kehrten die Käufer bereits zurück, aber trotzdem ist auch hier weiterhin ein Abwärtstrend aktiv. Sollte das aktuelle Momentum beibehalten werden und das Hoch bei 10,24 EUR wird überboten, dann entsteht ein neuer Aufwärtstrend.

Aussicht

Auch wenn die Korrektur sehr groß scheint, so ist die Länge von rund 70 % noch angemessen, denn die Aktie befindet sich nun das erste Mal in einer relevanten Unterstützungszone. Zugleich ist dieses, zugegeben sehr breite, Kursniveau auch die einzige Chance für eine Stabilisierung. Sollte der Bereich nicht halten, wird der langfristige Trend stark geschwächt oder sogar gebrochen.

Kurzfristig kann relativ schnell ein neuer Aufwärtstrend etabliert werden, aber bevor sich dieser auch in die mittelfristige Zeiteinheit durchsetzt, kann es eine Weile dauern. Frühestens über dem Hoch bei 14,32 EUR (je nach Interpretation sogar erst bei 21,08 EUR) gilt der mittelfristige Abwärtstrend als beendet. Im Optimalfall bildet die Aktie daher eine schöne Bodenbildung in der Unterstützungszone aus und testet dafür nach einer gewissen Zeit auch die Tiefs noch einmal.

Alternativ kann ein Einstieg auch mit einem kurzfristigen Aufwärtstrend gewagt werden, aber man sollte sich darüber im Klaren sein, dass das mittelfristige Momentum deutlich auf der Seite der Verkäufer liegt und die derzeitige Stabilisierung nur kurzfristiger Natur sein kann.

Technisches Wir Lieben Aktien-Rating

Im technischen Wir Lieben Aktien-Rating erzielt flatexDEGIRO mit 7 von 10 Punkten ein gutes Ergebnis. Aufgrund der kurzen Charthistorie kann noch keine wirklich langfristige Trendstabilität beurteilt werden und darüber hinaus gibt es starke Widerstände über dem aktuellen Kurs. Der VPOC mit einer ausgeprägten Volumenunterstützung ist allerdings unter dem aktuellen Niveau und sollte als gute Stütze dienen.

Marktsymmetrie

Die Analyse der Marktsymmetrie ist bei der kurzen Charthistorie wenig aussagekräftig, denn die Aktie hat erst eine langfristige Korrektur durchlaufen. Diese hatte eine Länge von knapp 60 %, woraus folgt, dass die derzeitige Abwärtsbewegung die größte Korrektur seit dem Börsengang ist. Man sollte dies aber auch im Kontext zur vorangegangenen Aufwärtsbewegung sehen, welche v. a. im Jahr 2020 ein enormes Ausmaß erreichte.

7. Fazit

Das operative Geschäft von flatexDEGIRO entwickelte sich u. a. aufgrund einer erhöhten Volatilität an den Aktienmärkten sehr positiv. Die Umsätze konnten erheblich gesteigert werden und auch die Gewinnspannen wuchsen stetig an. Bei 8 von 10 Punkten, welche flatexDEGIRO in unserem fundamentalen Wir Lieben Aktien-Rating für Fast Grower erreicht, gibt es in dieser Hinsicht ebenfalls nicht viel zu kritisieren.

Lässt man das Q1 2021 mit der Meme Stock Mania unberücksichtigt, so verlief das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres ebenfalls sehr erfolgreich für flatexDEGIRO und kann als das stärkste in der Firmengeschichte bezeichnet werden: Mit 185.000 neuen Kundenaccounts sowie knapp 22 Mio. abgewickelten Transaktionen wurden in mehrerer Hinsicht neue Rekorde aufgestellt.

Wie beschrieben steht die Investmentampel auf Grün, mit einer Renditeerwartung von rund 12,50 % pro Jahr.

Langfristig ist flatexDEGIRO in einem Aufwärtstrend, auch wenn dieser nur auf Sicht der letzten Jahre eingeschätzt werden kann. Die Dynamik des mittelfristigen Abwärtstrends gestaltet einen sinnvollen Einstieg zudem schwierig, denn entweder man kauft sich erst relativ spät ein oder man handelt gegen das Momentum der starken Verkäufer. Dennoch ist die derzeitige Zone aus langfristiger Sicht die wichtigste Unterstützung und bietet gutes Potenzial für eine nachhaltige Stabilisierung.

Autoren dieser Analyse

Christian Lämmle
Christian Lämmle

"Markets are never wrong, only opinions are."
- Jesse Livermore

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Die Autoren haben diesen Beitrag nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, können die Richtigkeit der angegebenen Informationen und Daten aber nicht garantieren. Es findet keinerlei Anlageberatung durch “Wir Lieben Aktien”, oder durch einen für “Wir Lieben Aktien” tätigen Autor statt. Dieser Beitrag soll eine journalistische Publikation darstellen und dient ausschließlich Informationszwecken. Die Informationen stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Börsengeschäfte sind mit erheblichen Risiken verbunden. Wer an den Finanz- und Rohstoffmärkten handelt, muss sich zunächst selbstständig mit den Risiken vertraut machen. Der Kunde handelt immer auf eigenes Risiko und eigene Gefahr. “Wir Lieben Aktien” und die für uns tätigen Autoren übernehmen keine Verantwortung für jegliche Konsequenzen und Verluste, die durch Verwendung unserer Informationen entstehen. Es kann zu Interessenkonflikten kommen, durch Käufe und einen darauffolgenden Profit durch eine positive Kursentwicklung von in Artikeln erwähnten Aktien. 

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