Ist die Google Aktie durch ChatGPT in Gefahr?

Ist die Google Aktie durch ChatGPT in Gefahr?

Veröffentlicht am 14.03.2023 I Lesedauer: 20 Minuten

Von Jan Fuhrmann

Ist die Google Aktie durch ChatGPT in Gefahr?

Alphabet Aktie verkaufen und lieber auf Microsoft setzen? Oder auf einen dritten geheimen Profiteur?

ChatGPT revolutioniert den Sektor der Suchmaschinen und Microsoft ist als Geldgeber von OpenAI auf dem besten Weg um Google bzw. Alphabet Marktanteile abzunehmen. Da der Google Konzern stark vom Werbegeschäft abhängig ist, könnte Microsoft mit der eigenen Suchmaschine Bing (ChatGPT ist hier integriert) zu einer ernstzunehmenden Gefahr für das künftige Wachstum werden. Wie schlimm ist die Lage für Alphabet? Und bietet Microsoft derzeit eine bessere Chance als Alphabet? Eine ChatGPT Aktie gibt es schließlich nicht.

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Zunehmendes Interesse an Bing und ChatGPT

In den letzten Wochen und Monaten stieg das allgemeine Interesse an jeglichen Themen rund um künstliche Intelligenz stark an. Angetrieben wurde dies von ChatGPT, dem bekannten Chatbot von OpenAI, der in nur 2 Monaten 100 Mio. aktive Nutzer erreichte. Egal welche Frage man hat, ChatGPT kennt die Antwort und im Gegensatz zu herkömmlichen Suchmaschinen ist der Bot wesentlich intelligenter und denkt mit. Vom Zusammenfassen von Texten über normale Suchanfragen bis hin zu richtigen Konversationen oder sogar Excel-Befehlen; es gibt kaum etwas, auf das ChatGPT nicht zufriedenstellend antwortet.

Hinter ChatGPT steckt die gemeinnützige Forschungseinrichtung OpenAI, welche allerdings eine profitorientierte Tochter hat. Neben bekannten Visionären aus dem Tech-Sektor ist vor allem das Unternehmen Microsoft für die Unterstützung von OpenAI bekannt, denn sie sicherten erst kürzlich weitere 10 Mrd. USD zu, die im Laufe der nächsten Jahre in OpenAI fließen sollen. Die Nähe zu Microsoft spiegelt sich aber auch umgekehrt wider, denn der Konzern integrierte ChatGPT in die eigene Suchmaschine Bing, sowie teilweise in andere Produkte. Die Reaktion von Google war die Vorstellung von der KI-Anwendung Bard, welche bisher allerdings eher für Enttäuschung sorgte.

Mit dem steigenden Interesse an ChatGPT soll auch die Bing-Suche mehr genutzt werden und Microsoft konnte nun die ersten Erfolge vermelden: 100 Mio. Anwender nutzen die Suchmaschine nun täglich. Im Vergleich zu Google (mehr als 1 Mrd. täglich aktive Nutzer) ist das zwar wenig, aber es zeigt recht deutlich, dass Microsoft den Suchmaschinenmarkt jetzt verstärkt angreift und Google das zu spüren bekommen könnte. Alleine die Entwicklung des weltweiten Suchvolumens von “Bing” und “ChatGPT” bei Google selbst spricht für sich:

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Abb. 1: Interesse an Bing und ChatGPT bei Google

Anteile im Markt für Suchmaschinen

Google gilt bisher als absolute Marktmacht im Bereich der Suchmaschinen und verfügt über einen Marktanteil von über 96 % bei mobilen Endgeräten und über 84 % im Desktop-Bereich. Hier muss allerdings beachtet werden, dass Alphabet, die Mutter von Google, horrende Summen (genaue Höhe ist unbekannt) an Apple zahlt um als Nummer 1-Suchmaschine bei dessen Geräten voreingestellt zu sein. Nichtsdestotrotz ist Google bis heute immer das Synonym für Suchmaschinen gewesen.

Microsoft hat es allerdings im Laufe der letzten Jahre bereits geschafft im Desktop-Bereich den eigenen Marktanteil von rund 4 % (Anfang 2019) auf knapp 9 % (Ende 2022) auszubauen. Natürlich liegt das auch am Vertrieb von eigenen Produkten, welche Bing als Suchmaschine voreingestellt haben, aber trotzdem ist der Zugewinn durchaus nennenswert. Neue Zahlen zur Entwicklung nach der Massenadaption von ChatGPT und der Integration der KI in die Bing-Suche gibt es noch nicht – den Google Trends aus Abbildung 1 und den Meldungen von Microsoft zufolge dürfte die Bing-Suche aber weiter an Beliebtheit gewinnen.

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Abb. 2: Anteile im Markt für Suchmaschinen

Suchmaschinen-Werbeumsatz von Alphabet und Microsoft

Einleitung

Die bisher gezeigten Zahlen beziehen sich nur auf die Aufrufe und Nutzung der Suchmaschinen, nicht jedoch aber auf den Umsatz, der damit erzielt wird. Letzten Endes müssen Werbetreibende dazu bereit sein Geld für Werbeanzeigen bei der jeweiligen Suchmaschine auszugeben, was natürlich mit der Nutzung korreliert, aber nicht vollständig zusammenhängen muss.

Im Gegensatz zu Alphabet hat Microsoft den Vorteil, dass der Konzern wesentlich unabhängiger vom Werbegeschäft ist und dies eher als neues zusätzliches Standbein aufgebaut wird. Von rund 200 Mrd. USD Umsatz im Geschäftsjahr 2022 entfielen lediglich 11,59 Mrd. USD auf die Suchmaschinen-Werbung. Alphabet erzielte in 2022 einen Gesamtumsatz in Höhe von rund 280 Mrd. USD und mit mehr als 160 Mrd. USD ist “Search & Other” hier das wichtigste Segment.

Wachstum von Alphabet

Betrachtet man das Wachstum des Werbeumsatzes mit “Google & Other”, dann ist deutlich zu erkennen, dass dieses in 2022 stark abflachte. Dies ist aber nicht großartig verwunderlich, wenn man die wirtschaftliche Gesamtlage und den starken Anstieg im Vorjahr berücksichtigt. Bei Microsoft ergibt sich ein etwas anderes Bild. 

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Abb. 3: Werbeumsatz von Alphabet

Wachstum von Microsoft

Microsoft konnte in 2022 ein sehr starkes Wachstum beim Suchmaschinen-Werbeumsatz verbuchen, nachdem der Sektor zuvor für einige Jahre seitwärts tendierte. Hier ist allerdings zu beachten, dass Microsoft ein verschobenes Geschäftsjahr hat, welches am 30.06. eines jeden Jahres endet. Das Wachstum in 2022 bezieht sich demnach auf das Geschäftsjahr vom 01.07.2021 bis zum 30.06.2022 und beinhaltet nicht das 2. Halbjahr von 2022, welches deutlich “schwieriger” war.

Es bleibt jetzt abzuwarten wie das Q3 und Q4 von Microsoft ausfällt, denn hier müsste der Effekt des höheren Traffics der Bing-Suchmaschine bemerkbar werden. Sollte der Umsatz im Bereich der Suchmaschinen spürbar anziehen (stärker als bei Alphabet), dann ist davon auszugehen, dass mehr Werbetreibende Budgets von Google (zugunsten von Bing) abziehen.

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Abb. 4: Suchmaschinen-Werbeumsatz von Microsoft

Markt für Suchmaschinenwerbung

Umsatzentwicklung in der Branche

Der gesamte Markt für Suchmaschinenwerbung entwickelte sich in den letzten Jahren sehr dynamisch und Wachstumsraten von über 21 % pro Jahr konnten realisiert werden. In Zukunft soll diese Dynamik aber deutlich nachlassen und bis 2027 gehen Analysten gerade einmal von durchschnittlich 11 % Wachstum pro Jahr aus.

Da Alphabet bereits jetzt der Platzhirsch ist, kann das Unternehmen eher keine weiteren Marktanteile für sich gewinnen und das eigene Wachstum ist somit auf das Marktwachstum begrenzt, wobei dies schon fast euphorisch wäre. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 belief sich das durchschnittliche jährliche Wachstum im gesamten Werbesegment von Alphabet auf 18,62 % pro Jahr – auch hier kam man also nicht an das Wachstum des Gesamtmarktes heran und die Konkurrenzsituation mit Bing ist heute eher größer.

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Abb. 5: Entwicklung des Marktes für Suchmaschinenwerbung

Marktanteile nach Endgerät

Trotzdem gibt es auch positive Entwicklungen aus der Perspektive von Alphabet, denn der Markt für Suchmaschinenwerbung splittet sich in den Desktop- und Mobile-Bereich. Während Bing derzeit nahezu ausschließlich im ersten Bereich Marktanteile gewinnen kann, ist der letztere Markt wesentlich interessanter. Jahrelang waren die Budgets der Werbetreibenden für Desktop-Nutzer größer, aber 2021 kehrte sich diese Verteilung um. Bis 2027 gehen Analysten davon aus, dass 60 % der gesamten Budgets für Werbung auf mobilen Endgeräten verwendet werden.

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Abb. 6: Anteile im Markt für Suchmaschinenwerbung nach Endgerät

Wachstum nach Endgerät

Sollte Alphabet die Monopolstellung bei Suchmaschinen auf mobilen Endgeräten beibehalten, wird es für Microsoft also schwieriger überdurchschnittlich zu wachsen. Der Mobile-Markt ist auf Sicht einfach viel attraktiver und verspricht höhere Wachstumsraten. Grundsätzlich gilt hier jedoch dasselbe wie eben: Schneller als der Gesamtmarkt wird Alphabet wohl kaum wachsen können, denn sie sind bereits der Platzhirsch. Die Entwicklung zugunsten des Mobile-Marktes könnte die Vormachtstellung von Alphabet aber zumindest für eine längere Zeit sichern (gemessen am Umsatz in der Branche).

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Abb. 7: Wachstum im Markt für Suchmaschinenwerbung nach Endgerät

Technische Ansicht

Vergleich beider Aktien

Aus der technischen Sicht befinden sich beide Aktien in einer historischen Korrektur ihres langfristigen Aufwärtstrends und in den letzten Monaten kam es zu Stabilisierungsversuchen. Während Microsoft sich hier relativ gut hält, musste Alphabet einen erneuten Abverkauf hinnehmen und testet die Region um die Verlaufstiefs erneut. Im direkten Vergleich ist diese Schwäche gut ersichtlich:

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Abb. 8: Entwicklung der Microsoft- und Alphabet-Aktie in den letzten 6 Monaten (in USD, ohne Dividende)

Aussicht für Alphabet

Das derzeitige Chartbild von Alphabet ist durch den raschen letzten Abverkauf zwar etwas angeschlagen, aber grundsätzlich ist die Aktie weiterhin in einer interessanten Zone, die sich für eine nachhaltige Umkehr eignet. Wichtig ist jetzt, dass die grün markierte Unterstützungszone nicht nachhaltig unterschritten wird, denn ansonsten tritt das Worst Case-Szenario in Kraft. Auch bei einer Ausweitung der Abwärtsphase in den orange markierten Bereich bleibt der langfristige Aufwärtstrend zwar intakt, aber dann wird seine Dynamik etwas geschwächt. Der Bruch des langfristigen Aufwärtstrends erfolgt erst, wenn das Tief bei 50,44 USD unterschritten wird.

Im Optimalszenario kann Alphabet den jetzigen Kursbereich jedoch halten, sich kurzfristig stabilisieren und dann mittelfristig über die rot markierte Widerstandszone bis rund 110 USD ausbrechen. Auf dem Weg Richtung Allzeithoch ist dann zwar mit weiteren regelmäßigen Rücksetzern zu rechnen, aber die Aktie wäre dann nicht mehr in einer kritischen Entscheidungszone.

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Abb. 9: Wochen-Chart von Alphabet

Aussicht für Microsoft

Grundsätzlich weist der Chart von Microsoft viele Parallelen zu dem von Alphabet auf, aber im Gegensatz zum Google Konzern ist die Aktie von Microsoft nicht wieder nahe ihrer Verlaufstiefs. Ein erneuter Test dieses Niveaus scheint aus der jetzigen Sicht unwahrscheinlich und eine Ausweitung der Korrektur bis in die Zone des Worst Case-Szenarios somit erst recht. Der langfristige Aufwärtstrend ist bis zum Tief bei 132,52 USD aktiv.

Im Optimalfall stabilisiert sich die Microsoft Aktie jetzt nachhaltig und weitet die kurzfristige Abwärtsbewegung maximal bis auf das Niveau bei 240 USD aus. Im Anschluss sollte die Aktie aber wieder an Stärke gewinnen und die markierte Widerstandszone angreifen, welche den wichtigsten Bereich auf dem Weg zum Allzeithoch darstellt.

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Abb. 10: Wochen-Chart von Microsoft

Fazit

Der Markt der Suchmaschinen steht durch künstliche Intelligenz und Chatbots wie ChatGPT vor einer großen Revolution. Microsoft hat derzeit auf jeden Fall den Vorteil des First-Movers und Alphabet gerät dadurch in den Zugzwang; bisher wurde “Bard” als angekündigtes Pendant von Google noch nicht allzu gut angenommen. Ob dies aber auch nachhaltig zu einer Verschiebung der Marktanteile im Suchmaschinenmarkt führt bleibt abzuwarten – diese Zahlen, sowie das Umsatzwachstum der Konzerne in den jeweiligen Bereichen, sollten zukünftig mit einem erhöhten Augenmerk überprüft werden.

Da der Mobile-Markt zudem immer wichtiger und lukrativer wird, kommt noch ein drittes Unternehmen mit ins Spiel, welches relativ risikolos von dem Konkurrenzkampf profitieren kann: Apple. Wie bereits erwähnt zahlt Alphabet derzeit hohe Summen an das wertvollste Unternehmen der Welt und diese Zahlungen könnten zukünftig durch den höheren Markwert der Anteile im Mobile-Suchmaschinenmarkt weiter steigen. Vielleicht versucht Bing hier ja auch irgendwann Fuß zu fassen und mitzubieten?

Wenn man als Anleger hohe Wachstumsraten als Anforderung an sein Alphabet-Investment stellt, dann sollte zukünftig auch verstärkt auf das Cloud-Segment geachtet werden. Der Suchmaschinenwerbemarkt wächst voraussichtlich immer langsamer und überdurchschnittliche Wachstumsraten sind für Alphabet nicht erreichbar (für Microsoft durch Markteroberung schon). Der Cloud-Bereich stellte sich schon in der jüngsten Vergangenheit als der größte Wachstumstreiber heraus und wird dementsprechend in Zukunft weiter an Relevanz dazugewinnen.

Ich habe beide Aktien im Depot und profitiere auf diese Weise mindestens vom Erfolg eines Unternehmens. Dies ist allerdings keine “Absicherungsstrategie”, denn mein Investmentcase bei Microsoft bezieht sich primär überhaupt nicht auf die Bing-Suchmaschine – das ist eher ein kleiner Bonus. Bei Alphabet behalte ich die Marktanteile im Suchmaschinenmarkt, sowie vor allem Google Cloud im Auge und bleibe optimistisch, dass sie rechtzeitig die Google-Suchmaschine um eine gelungene KI-Anwendung erweitern. Immerhin gehört Alphabet zu den weltweit innovativsten Konzernen im Bereich KI.

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